Leuchtturmprojekt für energieeffiziente Abwärmenutzung

GETEC heat & power AG

GETEC heat & power AG (GHP) nutzt als Energiedienstleister Abwärme bei der energieintensiven Sodaproduktion über einen Absorptionskreisprozess zur Dampferzeugung.

Ciech Soda Deutschland GmbH & Co KG (CSD) ist ein deutscher Sodahersteller mit Standort in Staßfurt. Die Gesellschaft produziert calciniertes Soda und Natriumhydrogencarbonat (Natron) (u.a. für die Pharmaindustrie) nach dem Solvay-Verfahren. Der Betrieb nutzt eigene Kalksteinvorkommen und Salzquellen für die Sodaherstellung. Die Produktion von Soda nach dem Solvay-Verfahren ist ein energetisch sehr aufwändiges Verfahren. Nur knapp vier Prozent der aufgewendeten Energie verbleiben tatsächlich im Produkt. Der überwiegende Teil der Energie wird nach zahlreichen Umwandlungen durch mechanische, chemische und thermische Prozesse in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben.

Umgesetzte Maßnahmen des Unternehmens entsprechend der "Abwärmekaskade"

 

Projektübersicht

Unternehmen  
  • GETEC heat power AG
    Albert-Vater-Straße 50
    39108 Magdeburg
  • Ciech Soda Deutschland GmbH &Co KG
    An der Löderburger Bahn 4a
    39418 Staßfurt
 
Projektstandort Staßfurt
Jahr der Inbetriebnahme 2018 (geplant)
Branche Grundstoffchemie
Technologie Absorptionskreisprozess (Wärmetransformator)
Energieeinsparung (Strom und Wärme) 36.000 MWh/a
CO2-Einsparung 12.700 t/a
Förderfähige Investitionskosten 6.000.000 €

 

Die Projektentwicklung

Im Rahmen einer Beratung bei CSD wurden durch GHP, neben Potentialen im Stromverbrauch und bei der Energieerzeugung, große Mengen nicht genutzter Abwärme identifiziert. Eine direkte Nutzung ist wegen des geringen Temperaturniveaus jedoch nicht möglich. Die Idee der Abwärmenutzung mittels Wärmetransformator, stammt aus einer wissenschaftlichen Studie aus den 80er Jahren zur Abfallenergienutzung in der Sodaproduktion.

Mit wissenschaftlicher Unterstützung konnte schließlich sowohl die Geschäftsführung des Energiedienstleisters, als auch das Industrieunternehmen von dem Vorhaben überzeugt werden. Dabei wurde das technische Verfahren, zunächst im Rahmen einer kleineren 300 Kilowatt (kW) Anlage am Standort Staßfurt, umgesetzt und betrieben.

Aufbauend auf den Erfahrungen soll nun eine große Anlage mit 4,5 Megawatt (MW) thermischer Nutzleistung errichtet werden. Für die baulichen Herausforderungen, wie der Aufstellung der Apparate und der benötigten Kühltürme sowie dem Lärmschutz für die Anwohner, wurden angepasste technische Lösungen entwickelt.

Die verbesserten Fördermöglichkeiten der Abwärmenutzung über das Abwärmeprogramm 294 der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermöglichen jetzt eine Realisierung des Projektes trotz aktuell günstiger Gaspreise.

Durch die Maßnahme sollen zukünftig 36.000 Megawattstunden (MWh) Frischdampf aus dem örtlichen Heizkraftwerk durch interne Abwärmenutzung ersetzt werden. Die CO2-Einsparung beträgt dabei rund 12.700 t/Jahr.

Maßnahmen des Abwärmekonzeptes

Kennzeichnend für die Herstellung von Soda ist ein großer Wärmebedarf auf verschiedenen Temperaturniveaus, mindestens jedoch bei ca. 120 °C. Gleichzeitig wird über die sogenannte Endlauge eine nahezu gleich große Wärmemenge mit einem Temperaturniveau von etwa 95 °C ungenutzt an die Umgebung abgegeben.

Mit der geplanten Wärmerückgewinnung, die GHP mittels innovativer Technologie über einen Sorptionskreislauf realisiert, wird ein erheblicher Teil der Abwärme der Endlauge vermieden und durch Temperaturerhöhung auf das erforderliche Temperaturniveau „angehoben“. Die dadurch nutzbar gemachte Abwärme wird zur Beheizung der kleinen Destillationskolonnen eingesetzt. Durch eine spezielle Verschaltung konventioneller Apparate wie Verdampfer, Absorber, Desorber und Kondensator zu einem „Wärmetransformator“ lässt sich der Temperaturhub allein aus der verfügbaren Abwärme, ohne zusätzlichen Energieaufwand erzeugen. Lediglich die Umwälzpumpen für das Lösungsmittel und die Kühltürme benötigen zusätzlich elektrische Energie. Auf diese Weise kann Abwärme mit einer Nutzleistung von 4,5 MW in Form von Sattdampf unmittelbar wieder in den Produktionsprozess eingespeist werden.

GHP wird die Abwärmenutzung im Rahmen eines Contractingmodels planen, errichten und über 20 Jahre betreiben. Die Sodaproduktion soll über die gesamte Vertragslaufzeit mit Dampf, aus der bisher ungenutzten Abwärme der Endlauge, versorgt werden.

GHP übernimmt als erfahrener Contractor neben der Planung und Errichtung auch die Finanzierung und den Betrieb der Anlage, einschließlich aller Kosten für Wartung, Instandhaltung und Notdienst und entlastet CSD damit weitestgehend von Risiken im Zusammenhang mit dieser innovativen Maßnahme.

Detailbeschreibung der Maßnahme

Im Sodawerk Staßfurt fallen bei insgesamt fünf Destillationskolonnen der CSD ca. 700 m³/h Prozessabwasser (Endlauge) an. Die Temperatur der Endlauge beträgt je nach Produktionsbedingungen etwa 95 °C. Ein Teil dieses Wärmestroms, etwa eine Leistung von neun MW, wird zur Verwendung im Wärmetransformator hälftig aufgeteilt. Dabei wird in einem zweistufigen Entspannungsverfahren aus der Endlauge Flash-Brüden erzeugt. Der Brüden der ersten Entspannungsstufe wird bei einem Absolutdruck von 0,7 bar und 90 °C direkt in das offene System des Wärmetransformators geleitet. Der Brüden der zweiten Entspannungsstufe (circa sieben t/h bei 0,6 bar) gibt seine Wärme über einen Wärmetauscher ab und dient der Beheizung des Desorber. Die Endlauge kühlt sich dabei auf eine Temperatur zwischen 80 °C und 85 °C ab. Der Wärmetransformator sorgt dafür, dass Wasserdampf mit einer Temperatur von 120 °C und einer Leistung von 4,5 MW als prozessintern Abwärmenutzung zur Verfügung steht. Zusätzlich kann der Brüden und das darin enthaltene Ammoniak als Kondensat dem Prozess wieder zugeführt werden. Damit reduziert sich nicht nur die Abwärmemenge, sondern auch die Menge an Endlauge und Ammoniak-Emissionen.

Basierend auf Absorptions-und Desorptionsprozessen, ähnlich einer Absorptionskältemaschine, wird im Wärmetransformator das nutzbare Temperaturniveau der Abwärme angehoben. Ausgenutzt werden dafür die Kondensationswärme von Wasserdampf und der Effekt, dass eine Verdampfung bei niedrigem Druck auch bei niedrigeren Temperaturen stattfindet. Zusätzlich werden die Eigenschaften des Stoffes Calciumnitrat Ca(NO3)2 genutzt, welcher als Absorptionsmittel in einer wässrigen Lösung verwendet wird. Calciumnitrat ist hygroskopisch und absorbiert als konzentrierte Lösung Wasserdampf, wobei Temperaturen von rund 140 °C entstehen, die der Produktion von Nutzdampf dienen. Übrig bleibt eine verdünnte Lösung aus Wasser und Calciumnitrat. Diese Lösung wird im Desorber bei sehr niedrigem Druck (Vakuum) unter Zufuhr von Abwärme getrennt, sodass die konzentrierte Salzlösung wieder für die Absorption zur Verfügung steht. Im Kondensator werden über einen mit Kühlwasser durchströmten Wärmetauscher (Oberflächenkondensator) eine deutliche Abkühlung und ein Auskondensieren des Wasserdampfs bewirkt, was letztlich der Erzeugung des Vakuums dient. Das anfallende Kondensat wird der Produktion wieder zugeführt.

Unter Ausnutzung der beschriebenen Schritte wird über die Kopplung des offen Transformatorprozesses und der Wiederverwendung anfallender Kondensate, eine nutzbare Wärmeleistung von 4,5 MW bereitgestellt. Die wesentliche Antriebskraft stammt dabei aus der Abwärme selbst.

Die Anlage wird in Form von zwei parallelen Absorber- und Desorbersystemen errichtet, sodass im Falle von Wartungsarbeiten mindestens die halbe Anlagenleistung zur Verfügung steht.

Finanzierung

Die Maßnahme ist aufgrund der relativ hohen Investitionskosten und niedrigen Gaspreise trotz erheblicher Energieeinsparungen nicht ohne Förderung wirtschaftlich darstellbar. Eine Kofinanzierung über das für Contractoren nutzbare Förderprogramm Abwärmenutzung der KfW mit einem Tilgungszuschuss von 30 Prozent der förderfähigen Investitionsmehrkosten, soll daher zur Realisierung in Anspruch genommen werden.

Informationen zu aktuellen Fördermöglichkeiten von Energieeffizienzmaßnahmen finden Sie hier.

Auswahl als Leuchtturm für energieeffizente Abwärmenutzung

Das Projekt, welches große Abwärmepotenziale mittels innovativer technologischer Lösung nutzbar macht, besitzt, auch aufgrund der Tatsache, dass es in Verbindung mit einer Contracting-Lösung realisiert wird, beispielhaften Charakter zur Nutzung von Abwärmepotenzialen in der Industrie. Neben dem Nutzen in Form von Energie- und CO2-Einsparung besteht ein zusätzlicher Umweltvorteil in der Vermeidung von Ammoniak-Emissionen. Der Ammoniakgehalt der Endlauge wird durch das Verfahren reduziert und ermöglicht eine stoffliche Wiederverwertung durch Rückführung in die Produktion.