Kunststoff-Industrie

Die vergleichsweise noch junge kunststoffverarbeitende Industrie ist eine bedeutende Branche innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland. Aktuell steht sie vor Herausforderungen im Kontext der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz. Zukünftig sind kreislauffähige Kunststoffe gefordert und eine umwelt- wie klimaverträglichere Produktion, verbunden mit einer schrittweisen stofflichen Dekarbonisierung.

Einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz können die Unternehmen durch die Umstellung der eigenen Fertigungsprozesse leisten sowie durch Herstellung entsprechender Produkte, wie beispielsweise effizientere Dämmstoffe für Gebäude und Leichtbauwerkstoffe für batteriebetriebene Fahrzeuge.

Mit mehreren hunderttausend Beschäftigten ist die vergleichsweise noch junge kunststoffverarbeitende Industrie eine bedeutende Branche innerhalb des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland. Sie steht allerdings unter hartem internationalen Wettbewerbsdruck, die auch technisch stark aufholten. Insbesondere die Hersteller von einfachen Teilen und Serienprodukten in Deutschland kommen so unter Druck.

Die kunststoffverarbeitende Industrie ist eine vielfältige Branche. Kunststoffe als Werkstoffe werden zu unterschiedlichen Produkten verarbeitet. Typische Unterbranche der kunststoffverarbeitenden Industrie sind Verpackungen, Bau, Elektro- und Automobil sowie Möbel und Haushaltswaren. Verarbeitet werden Primärkunststoffe wie beispielsweise Polyethylen oder Polyamid, die meist als Granulat oder Pulver von der chemischen Industrie geliefert werden.

Die Kunststoffverarbeitung setzt sich aus 4 Sparten zusammen: der Herstellung von Platten, Folien, Schläuchen und Profilen; der Herstellung von Verpackungsmitteln, der Herstellung von Baubedarfsartikeln sowie der Herstellung von sonstigen Kunststoffwaren. Als größter Abnehmer von Kunststoff als Rohstoff zählt die Verpackungsherstellung mit 30,7 Prozent an der Gesamtverarbeitungsmenge, Baubedarf (25,2 Prozent) und Fahrzeugbau (10, 6 Prozent). Die kunststoffverarbeitende Industrie zeichnet sich durch sehr unterschiedliche mechanische und thermische Prozesse für die Herstellung verschiedener Kunststoffprodukte aus.

Die Branche ist ein stark wachsender Industriezweig, der sich stärker als andere Sparten mit dem hoch emotionalen Thema der Abfallproblematik konfrontiert sieht und vor der komplexen Herausforderung steht, das gegenwärtig lineare System auf ein regeneratives umzustellen. Denn zukünftig sind kreislauffähige Kunststoffe gefordert und eine umwelt- wie klimaverträglichere Produktion, verbunden mit einer schrittweisen stofflichen Dekarbonisierung. Die Unternehmen können hier nicht nur durch die Umstellung der eigenen Fertigungsprozesse, sondern auch durch entsprechende Produkte einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten: seien es effizientere Dämmstoffe für Gebäude und Kühlschränke, Leichtbauwerkstoffe für batteriebetriebene Fahrzeuge, hochwertige Möbel aus recyceltem Kunststoff oder mehrwegfähige Verpackungen.

 

Beschäftigte: Die deutsche kunststoffverarbeitende Industrie verzeichnete im Jahr 2020 rund 322.000 Beschäftigte, das sind 4,1 Prozent weniger als im Vorjahr.

Anzahl der Unternehmen: 2020 zählte die Branche 3.037 Unternehmen (mit 20 und mehr Beschäftigten) in Deutschland, das entspricht einer Verringerung von 0,7 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor.

Durchschnittliche Betriebsgröße: Bei der Kunststoffverarbeitung handelt es sich um eine mittelständisch geprägte Branche. 91 Prozent der Betriebe haben weniger als 250 Beschäftigte.

Gesamtumsatz: Der Branchenumsatz ging 2020 um 5,6 Prozent auf 61,5 Mrd. Euro zurück.

Gesamtenergieverbrauch: Der Endenergieverbrauch der gesamten Branche Kunststoff- und Gummiwaren in Deutschland betrug in 2017 82.292 Terajoule (TJ), ein Anstieg seit dem Jahr 2000 um 18 Prozent.

CO2-Emissionen:  Weltweit lag der CO2-Ausstoß der Teilbranche Kunststoffverarbeitung im Jahr 2015 bei 535 Mio. t, das sind 30 Prozent der gesamten Kunststoffbranche.

Energieintensität:  Der Energiekostenanteil bei der Kunststoffverarbeitung lag mit 2,9 Prozent des Bruttoproduktionswertes im Jahr 2011. Knapp 12 Prozent der  kunststoffverarbeitenden Betriebe haben eine Stromkostenintensität (Stromkosten pro gemittelte Bruttowertschöpfung) von über 14 Prozent.

Ziele der Branche

Die kunststoffverarbeitende Industrie bekennt sich zum Prinzip der Produktverantwortung. Demnach sind Erzeugnisse so zu konzipieren, dass Abfälle schon in der Produktion vermindert oder vermieden werden und auch die umweltverträgliche Verwertung nach dem Gebrauch sichergestellt ist. So hat sich die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.  bis zum Jahr 2025 zum Ziel gesetzt, mindestens 1 Million Tonnen Rezyklat (Produkt eines Recyclingprozesses) oder nachwachsende Rohstoffe für die Produktion von Kunststoffverpackungen zu verwenden. Haushaltsverpackungen sollen bis dahin zu 90 Prozent mehrweg- oder recyclingfähig sein.

Absehbare Schwierigkeiten und Konflikte

Die Kunststoffverarbeitung in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen im Kontext der internationalen Entwicklung von Markt- und Produktionsstrukturen, mit Blick auf die Kosten und Verfügbarkeit von Rohstoffen und Energie, Innovationen und Investitionen. Zudem stehen Kunststoffprodukte im Mittelpunkt einer hochemotionalen, wie faktenbasierten Debatte, die einerseits den Nutzen und anderseits die Verantwortung für Ressourcen- und Klimaschutz abzuwägen versucht. Denn geht die Plastikproduktion unverändert weiter, werden allein Kunststoffe bis 2050 rund 56 Gigatonnen CO2-Emissionen erzeugt haben. Damit gingen zwischen 10 und 13 Prozent des verbleibenden CO2-Budgets zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimaschutzziels allein auf das Konto von Kunststoffen. In diesem Kontext sind die Bemühungen für eine Erhöhung des werkstofflichen Recyclings verwendeter Kunststoffe auf einen Anteil von 50 Prozent zu sehen. Dieses Ziel wird seitens der EU bis zum Jahr 2025 anstrebt und stellt insbesondere für die Verarbeiter eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Denn je höher der Rezyklatanteil im Produkt ausfällt, umso komplexer wird der Verarbeitungsprozess und entsprechend steigen die Ausschussraten. Zudem soll ab 2021 in der EU eine staatliche Abgabe in Höhe von 80 Cent pro Kilogramm auf nicht recycelte Kunststoffverpackungsabfälle eingeführt werden.

Lösungsansätze

Möglichkeiten den Material- und Energiebedarf zu reduzieren bieten das werkstoffliche Recycling, die rohstoffliche oder energetische Verwertung.

Energieeffizienzpotenziale lassen sich in allen Bereichen der Kunststoffverarbeitung erschließen, bei der Vorbehandlung, der Plastifizierung, der Formgebung und Nachbehandlung. So können beispielsweise bei der Vorbehandlung energieeffiziente Vakuumtrockner als Ersatz für konventionelle Absorptionstrockner verwendet werden. Bei der Plastifizierung und Formgebung bietet der Ersatz hydraulischer Antriebe durch elektrische Antriebe hohe Einsparpotenziale, bei der Nachbehandlung beispielsweise die freie Kühlung. Auch die verstärkte Nutzung von Abwärme bietet Möglichkeiten die Energieeffizienz zu verbessern, vor allem bei Thermoformen.

Darüber hinaus kann Prozesswärme verstärkt über Wärmepumpen, Solarthermie und Biomasse bereitgestellt werden. Photovoltaikdachanlagen können zumindest einen Teil des benötigten Stroms direkt vor Ort erzeugen und es kann verstärkt Ökostrom, auch über Direktlieferverträge, zugekauft werden.

Status quo und Perspektivisch

Mit einem Anteil von 2,2 Prozent am gesamten Energieverbrauch in Deutschland bzw. 3,3, Prozent am Energieverbrauch des Verarbeitenden Gewerbes in 2017 ist die Herstellung von Kunststoff- und Gummiwaren die zehnt energieintensivste Branche in Deutschland.

Der höchste Energiebedarf innerhalb der kunststoffverarbeitenden Industrie entfällt auf die Herstellung von Platten, Folien, Schläuchen und Profilen. Dabei gibt es große Unterschiede beim Energieverbrauch je nach Art des verwendeten Kunststoffs: So ist die Verarbeitung von teilkristallinen Thermoplasten wie Polyamid, Polyethylen, Polypropylen dreifach so energieintensiv wie die Verarbeitung von amorphen Kunststoffen wie beispielsweise Polystyrol, Polyvinylchlorid, Polycarbonat.  

Strom ist mit einem Anteil von ca. 60 Prozent der größte Energieträger in der Kunststoffverarbeitung gefolgt von Erdgas (ca. 30 Prozent) und Mineralöl (ca. 10 Prozent). Vor allem in der Teilbranche der Verpackungsindustrie spielt Strom mit einem Anteil von 80 Prozent eine besonders große Rolle.

Die verarbeiteten Mengen in der deutschen Kunststoffverarbeitenden Industrie betrugen 2019 rund 14,2 Mio. Tonnen.

Kreislaufwirtschaft und verstärkte Ressourceneffizienz sind wichtige aktuelle Themen, insbesondere für die Verpackungsindustrie. Im Fokus stehen derzeit vor allem Entwicklungen in Richtung verstärkte Recyclingfähigkeit sowie Rezyklateinsatz, hier sind auch Regulierungen absehbar.

Werden Rezyklat oder bio-basierte Kunststoffe bei der Herstellung von Kunststoffverpackungen eingesetzt, lässt sich deren „Carbon Footprint“ signifikant verbessern. Denn drei Viertel der CO2-Emissionen gehen bei den Verpackungen auf das Konto der verwendeten Rohstoffe, sprich den Kunststoff selbst. Nur knapp ein Viertel der Emissionen fällt bei der eigentlichen Herstellung der Kunststoffverpackungen an.

Viele Unternehmen der Branche engagieren sich schon seit Jahren um Verbesserungen, so im Bereich der Energieeffizienz. So haben laut einer Umfrage des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) 88 Prozent der Unternehmen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz durchgeführt. Über 60 Prozent der Unternehmen haben in neue, effizientere Maschinen investiert, über 50 Prozent in gebäudetechnische Maßnahmen und über 40 Prozent in organisatorische Maßnahmen.

Leuchtturmprojekte sind ein Baustein zum Gelingen der Energiewende der Branche

Mit dem Projekt „Leuchttürme CO2-Einsparung in der Industrie“ möchte die dena nun unter anderem in der kunststoffverarbeitenden Industrie Beispielvorhaben in mehreren Unternehmen initiieren und umsetzen helfen.

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