Gießerei-Industrie

Die mittelständisch geprägte Gießerei-Industrie zählt zu den wichtigsten Zulieferindustrien hierzulande, vor allem für den Fahrzeug- und Maschinenbau. Die Reduktion der CO2-Emissionen ist anspruchsvoll. Grund hierfür ist u.a. das Schmelzverfahren, das große Mengen an fossilen Energieträgern benötigt. Effizienzpotenziale liegen zum Beispiel in der Nutzung von Abwärme oder bei der Abluftbehandlung.

Auch die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten für noch energie- und rohstoffeffizientere Fertigungsverfahren und Produkte der Branche. Da für die Umsetzung der Energiewende hochwertige Guss-Komponenten benötigt werden, beispielsweise für Schienen- oder Elektrofahrzeuge, stellt die Energiewende auch eine Chance für die Branche dar.

Deutsche Gießereien spielen weltweit vorne mit. Mit jährlich über 5 Mio. Tonnen guter Guss ist Deutschland die fünftgrößte Gießerei-Nation der Welt hinter China, den USA, Indien und Japan, jedoch noch deutlich vor Brasilien und Russland. Allerdings steht die stark exportorientierte Zulieferbranche vor etlichen Herausforderungen, wie verstärkte Klimaschutzanforderungen, Handels- und Zollstreitigkeiten oder dem Wechsel der Antriebstechnologien im Mobilitätsbereich.

Die mittelständisch geprägte Gießerei-Industrie in Deutschland ist breit aufgestellt. Sie zählt zu den wichtigsten Zulieferindustrien hierzulande, vor allem für den Fahrzeug- und Maschinenbau. Darüber hinaus spielen die Energie- und Bauwirtschaft, die Luftfahrt- und Stahlindustrie, der Schiffbau sowie Teilbereiche der Elektroindustrie eine wichtige Rolle. Die Palette der gegossenen Produkte ist breit und reicht von Gehäusen, Motor- und Maschinenbaukomponenten bis zu mechanischen Bauteilen und ganzen Baugruppen. Gefertigt werden winzig kleine Teile für die Medizintechnik oder Elektronik bis hin zu mehrere hundert Tonnen schwere Walzen und Pressenständer.

Die Gießereibetriebe verarbeiten verschiedenste Arten metallischer Werkstoffe wie Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer, Zink und Magnesium. Traditionell unterscheidet man zwei große Gruppen, die Eisengusswerkstoffe (Fe) und die Nichteisenmetallgusswerkstoffe (NE).

Insgesamt steht die energieintensive Branche in einem harten europäischen sowie internationalen Wettbewerb, vor allem mit asiatischen Produzenten. Zu schaffen machen vielen deutschen Unternehmen laut Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) insbesondere die hohen Strompreise hierzulande.

Die Energie- und Verkehrswende bietet für die deutschen Gießereiunternehmen mit ihren qualitativ hochwertigen Produkten auch große Chancen. Denn ohne gegossene Nabe, Welle und Getriebe dreht sich kein Windrad. Auch Komponenten für Schienen- oder Elektrofahrzeuge werden durch die Gießereiindustrie entwickelt und gefertigt und Leichtbau-Verbrennungsmotoren könnten künftig durch regenerativ gewonnene synthetische Kraftstoffe angetrieben werden.  Zudem sind Gießereien eine klassische Recyclingindustrie mit internen und externen Kreislaufsystemen. Aus Gussbruch und alten, ausgedienten Teilen – gemeinhin Schrott –  werden dabei neue, innovative Komponenten. Auch die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten für noch energie- und rohstoffeffizientere Fertigungsverfahren und Produkte der Branche.

Beschäftigte: Insgesamt waren 2019 75.200 Mitarbeiter in der deutschen Gießerei-Industrie beschäftigt. FE-Gießereien zählten 39.700 Beschäftigte, NE-Gießereibetriebe 35.500.

Anzahl Unternehmen: Bundesweit gibt es etwa 560 Eisen-, Stahl- und Nichteisen-Metallgießereien. In jedem Bundesland befinden sich Gießereien, wobei die Schwerpunkte in Nordrhein-Westfalen und Süddeutschland liegen.

Durchschnittliche Betriebsgröße: Die deutsche Gießerei-Industrie ist eine klassische Mittelstandsbranche. Rund 93 Prozent der Unternehmen beschäftigen bis zu 500 Mitarbeiter, rund 85 Prozent haben weniger als 250 Mitarbeiter.

Gesamtumsatz: Der Umsatz lag im Jahr 2019 bei etwa 12,4 Mrd. Euro, davon 6,8 Mrd. im Eisen- und Stahlguss und 5,6 Mrd. im Nichteisenmetallguss (Unternehmen > 50 Beschäftigte).

Gesamtenergieverbrauch: Eisen-, Stahl-, Nichteisen- und Buntmetallgießereien gehören mit einem Strombedarf von über 6 Terawattstunden (TWh) und einem Gesamtenergiebedarf von über 13 TWh zu den energieintensiven Industrien in Deutschland.

CO2-Emissionen: Die Treibhausgasemissionen der deutschen Eisen- und Stahlindustrie betrugen im Jahr 2018 37,9 Mio. t CO2-Äquivalent. und hatten mit etwa 30 Prozent den größten Anteil an den CO2-Emissionen der deutschen Industrie. Als eine Branche dieses Industriesektors verursachten die Gießereien einen Teil der Emissionen, wobei diese je nach Produktpalette und -verfahren (z.B. elektrisch befeuerte, brennstoffbefeuerte Schmelzöfen) stark variieren. Insgesamt verursachten die Gießereien im Jahr 2018 ungefähr 5 Mio. t CO2-Äquivalente, wobei etwa 60 Prozent dieser Emissionen auf die Eisengießereien entfallen.

Energieintensität: Die Gießerei-Industrie ist energieintensiv. Der Energiekostenanteil an der Bruttowertschöpfung der Gießereien ist laut Angaben des BDG auf über 25 Prozent gestiegen.

Bisher bewerteten der BDG und der BDI das Ziel der Klimaneutralität bis 2050, wie sie im Green Deal der EU formuliert wurde, eher skeptisch. Grundsätzlich verweist der BDG auf die Notwendigkeit, Klimaschutzvorgaben für die Unternehmen so zu gestalten, dass es nicht zu einem Abwandern der energieintensiven Produktion ins Ausland (Carbon Leakage) kommt. Doch sieht der BDG beispielsweise in der E-Mobilität oder in der Umstellung der Verbrennungsmotoren auf synthetische Kraftstoffe gute Chancen für die Gießereien als einem wichtigen Zulieferer der Automobilindustrie.

Absehbare Schwierigkeiten und Konflikte

Den Energiebedarf und den CO2-Ausstoß der Branche zu reduzieren ist anspruchsvoll. So gibt es beispielsweise nach wie vor Kupolöfen (Schachtöfen), die aus Kohle gewonnenen Koks als Energieträger und Reduktionsmittel benötigen. Zudem gibt es in der Gießereibranche ungenutzte Effizienzpotentiale, die derzeit aufgrund der technologischen Reife einzelner Technologien noch nicht erschlossen werden können. Dazu zählt zum Beispiel die Nutzung von Abwärme aus Schlacke.

Lösungsansätze

Effizienzpotenziale werden in einer Größenordnung von bis 5 bis 10 Prozent erwartet, wobei hier meist der aktuelle Technologiestand zu Grunde gelegt wird. Ein weiteres Entwicklungspotenzial liegt insbesondere bei Maßnahmen zur Abwärmenutzung, vor allem von brennstoffbefeuerten Öfen. Erneuerbare Energien, welche fossile Energieträger ersetzen, können Emissionen innerhalb des Gießerei-Prozesses signifikant reduzieren. Dies betrifft vor allem die Bereitstellung von elektrischer Energie durch Windkraft und Photovoltaik sowie Hochtemperaturwärme durch Biomethan oder künftig durch regenerativ erzeugten Wasserstoff oder synthetische Gase (Power to Gas). Für die Bereitstellung von Niedrigtemperatur-Wärme in einzelnen Fertigungsschritten können auch Holzhackschnitzel und -pellets sowie künftig auch solare Prozesswärme interessant sein.

Über 60 Prozent der in Gießereien verwendeten Energie wird für den Schmelzbetrieb und die Wärmebehandlung verwendet. Dabei wird elektrische Energie zu 55 Prozent für die Prozesswärmeerzeugung und zu 42 Prozent für die Erzeugung mechanischer Energie eingesetzt. Mehr als 5 Mio. Tonnen Metallschrott werden von den Unternehmen der Branche jährlich wieder in Form gegossen – nahezu die Menge, welche auch als Produkte wieder in den Verkehr gebracht wird. Nicht vergessen werden darf, dass auch der Quarzsand zum Herstellen von Gussformen ebenfalls zu mehr als 90% im Kreislauf gefahren wird.

Aktuell werden die meisten Einsparungen in den einzelnen Verfahrensschritten erzielt, beispielsweise durch interne Kreisläufe für Formstoffe und Gussmetalle, Vorwärmung von Gießpfannen, verbesserte Dämmung von Öfen, Einsparspulen für Induktionsöfen oder die Optimierung von Druckluft- und Beleuchtungssystemen.

Künftig muss es darum gehen, den Verbrauch von Energie und von Rohstoffen weiter zu senken und die Fertigungsschritte und Produkte soweit wie möglich zu dekarbonisieren. Wichtige Hebel hierfür sind eine weitere, systemische Steigerung der Energieeffizienz durch Energiemanagementsysteme und -audits, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Substitution der fossilen Energieträger Heizöl und Diesel durch Erdgas.

In den vergangenen Jahren verbesserte sich die Energieeffizienz in den Gießereibetrieben hierzulande durchschnittlich um 0,5 Prozent jährlich. Allerdings können der steigende Grad der Automatisierung u.a. durch den vermehrten Einsatz von Robotertechnik sowie leistungsstärkere Absauganlagen zu einem höheren Energiebedarf führen – ein typischer Zielkonflikt. „Energieeffizienz – und damit verbunden die Forderungen nach Materialeffizienz und Klimaschutz – sind wesentliche, wenn nicht sogar die zentralen Herausforderungen für die europäische Gießerei-Industrie“, unterstreicht der BDG. So bietet der Verband als Hilfestellung einen webbasierten Leitfaden „Energieeffizienter Gießereibetrieb 2.0“ an.

Leuchtturmprojekte sind ein Baustein zum Gelingen der Energiewende der Branche

Mit dem Projekt „Leuchttürme CO2-Einsparung in der Industrie“ möchte die dena nun unter anderem in der Gießereibranche Beispielvorhaben in mehreren Unternehmen initiieren und umsetzen helfen.

Branchen-Veranstaltung: