Leuchtturmprojekt für energieeffiziente Abwärmenutzung

Evers-Druck GmbH

Die Evers-Druck GmbH wurde bereits 1911 in Meldorf an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste gegründet. Sie ist das Stammhaus der Eversfrank Gruppe, einem international tätigen Druck- und Medienunternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern an zehn Standorten. In Meldorf stehen heute Maschinen für den Bogen- und Heatset-Rollen-Offsetdruck, für High Performance Sammelheftung sowie für Lettershop-Dienstleistungen auf einer Fläche von 25.000 m².

In der über hundertjährigen Geschichte von Evers-Druck spielt Klima- und Umweltschutz seit langem eine zentrale Rolle. Das Unternehmen hat zum Ziel, die Umweltbelastungen so gering wie möglich zu halten und fühlt sich einem bewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen verpflichtet.

Neben aktiven Maßnahmen für den Klimaschutz und seinem Engagement für Inklusion, setzt das Unternehmen bereits seit 25 Jahren auf ein Wärmemanagement in der Druckerei. Damit konnte es die Ressourcen- und Energieeffizienz kontinuierlich steigern. Energieeinsparpotenziale liegen beispielsweise in der Trocknung von Druckerzeugnissen, der Absaugung von Papierspänen oder in alltäglichen Prozessen, wie der Trinkwassererwärmung. Zu den umgesetzten Maßnahmen zählen unter anderem der Einsatz einer regenerativen Abluftreinigungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die Nutzung der Abwärme bei der Drucklufterzeugung zur Trinkwassererwärmung, die Nutzung von Maschinenabluft zur Beheizung der Produktionshallen oder die Rückführung der Transportluft von Absauganlagen. Auch versorgt Evers-Druck seit 1998 das Meldorfer Frei- und Hallenbad über ein lokales Wärmenetz mit Wärme.

Das Unternehmen verfügt so über mehrjährige eigene Erfahrungen im Umgang mit Abwärme und gilt als ein Pionier in seiner Branche.

Mit den Maßnahmen im Rahmen des Wärmemanagements konnte das Unternehmen seinen Gesamtenergieeinsatz um circa 40 Prozent reduzieren.

Kay-Julius Evers, Gesellschafter und Geschäftsführer der Eversfrank Gruppe erläutert: „Als Druckerei fühlen wir uns der Ressourceneffizienz und damit auch dem Klimaschutz verpflichtet. Das bedeutet, dass wir nicht nur unseren Material- und Energieeinsatz in den Druckprozessen optimieren, sondern auch schauen, was wir mit unseren nicht mehr im Prozess benötigten Energieströmen machen – und Abwärme gehört schon seit langem zu unserem erweiterten Angebot!“

Umgesetze Maßnahmen des Unternehmens entlang der "Abwärmekaskade"

 

Projektübersicht

Unternehmen  
  • Evers-Druck GmbH, Abwärmelieferant
  • Wärme Infrastruktur Meldorf GmbH & Co KG
 
Projektstandort Evers-Druck GmbH, Ernst-Günter-Albers-Straße 9, 25704 Meldorf, Schleswig-Holstein
Name des Abwärmeprojekts „MELDORF85plusX“
Jahr der Inbetriebnahme 2019-2020
Branche Druckerei
Weitere projektspezifische Kennzahlen  
  • ca. 1.350 Meter Wärmenetz
  • ca. 50.000 m³ großer Saisonal-Wärmespeicher zur Nutzung der Sommer-Abwärme
  • Der Saisonalspeicher steigert die Nutzbarkeit der Abwärme um über 50 %.
 
Energieeinsparung / Abwärmenutzung (geplant) ca. 2.500 MWh/a durch Einsparung von Erdgas
CO2-Einsparung (geplant) ca. 850 t/a gegenüber Erdgasversorgung
Förderfähige Investitionskosten (geschätzt) rund 5 Mio. Euro (davon 200.000 € für das zu erweiternde Abgas-Wärmetauschersystem)

 

Lageplan von Abwärmequelle und der geplanten Versorgung öffentlicher Liegenschaften sowie weiterer Wohngebäude in einer möglichen zweiten Ausbaustufe

Erster saisonaler Erdbeckenspeicher für Abwärme in Deutschland

Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen ein energetisches Quartierskonzept für Meldorf initiiert. Ziel ist es dabei, mit der noch verbleibenden Abwärme aus der Druckerei, Liegenschaften der Stadt wie Schulen und Sportstätten zu versorgen. 

Die Stadt hat die Idee des Quartierskonzepts engagiert aufgegriffen. Daraus ist ein interdisziplinäres Projekt entstanden, in dem die Druckerei, die Stadt- und Amtsverwaltung sowie die Politik und die Liegenschaftsträger offen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dabei werden Gemeinwohl- und Einzelinteressen mit dem Ziel zusammengeführt, die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden.

Das Energiemanagement der Evers-Druck GmbH sorgt bereits für einen energieeffizienten Betrieb der Druckerei – die außerbetriebliche Abwärmenutzung ist daher eine logischer Schritt zur weiteren Reduktion von CO2-Emissionen in der Region

Zu den wichtigsten Bausteinen des Projekts zählen die Errichtung eines neuen Wärmenetzes und eines saisonalen Erdbeckenspeichers für die Abwärme. Der Speicher ist erforderlich, da ein Großteil der bisher ungenutzten Abwärme der Druckerei im Sommer anfällt, aber im Winter genutzt werden soll.

Der geplante saisonale Wärmespeicher wird der erste dieser Art in Deutschland sein. Das Projekt verfolgt damit besonderen ambitionierte Ziele. So mussten zum Beispiel zunächst einmal die genehmigungsrechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für ein solches Vorhaben identifiziert werden. Zu den weiteren Leistungen des Projektteams zählte es, eine sinnvolle Organisationsform für das Zusammenwirken und den Betrieb der Systeme Wärmeerzeugung, Wärmeverteilung und saisonaler Speicher zu entwickeln. In Dänemark werden bereits einige Solarthermie-Wärmenetze mit saisonalen Wärmespeichern betrieben. Auf diese Erfahrungen konnte das Planungsteam zurückgreifen. Um die Dimensionen des Saisonal-Wärmespeichers abzuschätzen, wurde ein darauf spezialisiertes wissenschaftliches Institut beauftragt.

Die Nutzung der Abwärme für die öffentlichen Liegenschaften würde die CO2-Emissionen in der Wärmeversorgung dieser Gebäude um über 80 Prozent reduzieren. Ohne einen saisonalen Wärmespeicher beträgt die zu erwartende CO2-Einsparung nur rund 28 Prozent. Auch die Nutzbarkeit der Abwärme lässt sich durch den Saisonal-Wärmespeicher um über 50 Prozent steigern.

Umsetzung

Derzeit erfolgt die bedarfsgerechte Auslegung der Hauptkomponenten des Gesamtsystems mithilfe einer Simulation des Saisonalspeichers. Auch Maßnahmen, die den Wärmebedarf in den zu versorgenden Gebäuden senken, werden im Moment entwickelt. Darüber hinaus werden die Leistung und die Einbindung eines zusätzlichen Wärmeerzeugers geplant. Dieser muss dann zur Verfügung stehen, wenn die verfügbare Abwärme einmal nicht zur Versorgung der Gebäude ausreicht.

Bereits in 2019 soll die Abnahme der Abwärme an der Druckerei realisiert werden. Auch die (Teil-)Errichtung des Wärmenetzes sowie die Optimierung der zu versorgenden Liegenschaften ist geplant. Voraussichtlich in 2020 soll der Betrieb des Saisonalspeichers starten. Dann soll die im Sommer in der Druckerei anfallenden Abwärme zwischengespeichert und so in großem Umfang nutzbar gemacht werden können.

Im Rahmen eines möglichen weiteren Ausbaus des Wärmenetzes zur Versorgung von Wohngebäuden ist auch der Einsatz von großen solarthermischen Freiflächenanlagen vorgesehen.

Kay-Julius Evers, Gesellschafter und Geschäftsführer der Eversfrank Gruppe: „Im Zeitalter der neuen Medien müssen wir uns als Druckerei und Medienunternehmen immer wieder anpassen und neu erfinden. Dabei spielt neben Papier vor allem Energie im Druckprozess eine zentrale Rolle. Wir investieren daher nicht nur in die Aufforstung von Wäldern, sondern auch in die Nutzung unserer Abwärme“.

Im Druckprozess anfallende Abluft muss einer thermischen Abluftreinigung unterzogen werden – dabei entsteht viel nutzbare Abwärme

Förderung

Eine Förderung wurde über das Programm „Kommunale Klimaschutz Modellprojekte“ des Bundesumweltministeriums beantragt. In diesem zweistufigen Verfahren wurde die erste Stufe bereits bewilligt.

Darüber hinaus ist eine Förderung über das KfW-Energieeffizienzprogramm Abwärme möglich.

Auswahl als Leuchtturm für energieeffiziente Abwärmenutzung

Das Projekt wurde unter anderem aufgrund seines besonders ambitionierten Charakters durch die dena zum Leuchtturm für energieeffiziente Abwärmenutzung erklärt. Der erstmalige Betrieb eines saisonalen Erdbeckenspeichers für Wärme in Meldorf ist ein großer Schritt für die Wärmewende im ländlichen Raum. Die Erfahrungen des Projektes sind gut auf andere Kommunen übertragbar. Hervorzuheben ist auch die vorbildliche Zusammenarbeit der Akteure aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik vor Ort. Das Projekt zeigt, welche Erfolge erzielt werden können, wenn engagierte Menschen aus Unternehmen und Verwaltung vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Das geplante System mit Wärmespeicher kann auch nur mit Solarwärme und damit gänzlich ohne Abwärme aus der Druckerei betrieben werden. Auch dadurch stellt das Projekt eine zukunftsfähige Infrastrukturmaßnahme dar.